Braucht mein Kind Ergotherapie?

Kind in der Ergotherapie

Häufig kommen Eltern mit dieser Frage zu uns in die Praxis: „Braucht unser Kind Ergotherapie?“
„Irgendetwas“ laufe nicht ganz rund, aber man kann nicht genau in Worte fassen was. „Irgendjemand“ sage, das Kind braucht Therapie, einem selber wäre aber noch gar nichts aufgefallen. Oder umgekehrt: man mache sich Sorgen um sein Kind, obwohl Kindergarten und Schule bisher nichts dergleichen bemerkt hätten.

Die Frage, ob ein Kind das keine eindeutige Behinderung oder Entwicklungsverzögerung aufweist, Ergotherapie braucht, ist tatsächlich auf den ersten Blick nicht ganz leicht zu beantworten.
Ich möchte es dennoch möglichst einfach halten, und die Frage mit 3 Gegenfragen beantworten, die ich mir stelle, wenn ein Kind zur Begutachtung bei mir vorstellig wird.

1. Leidet das Kind?
Das ist tatsächlich die primäre Frage, die für mich im Vordergrund steht. Letztendlich ist es für mich nicht so wesentlich, wie das Kind in einem Koordinationstest abschneidet, ob es beobachtbar gewisse Fertigkeiten nicht altersgemäß schafft oder sein Verhalten nicht der erwartbaren „Norm“ entspricht.
So gibt es Kinder, die objektiv gesehen relativ deutliche Defizite aufzeigen, emotional aber sehr robust wirken, trotz ihrer Schwächen sozial gut integriert sind und ein Umfeld haben, das offenbar gut aufeinander eingespielt ist. Letztendlich kann es sein, dass so ein Kind vergleichweise erstaunlich wenige Probleme in seinem Alltag hat. Es hat gute Kompensationsmechanismen entwickelt und nutzt seine Ressourcen optimal. Dass es mit 8 Jahren keinen Ball fangen und nicht auf einem Bein hüpfen kann, ist ihm herzlich egal und es macht ihm auch keiner Stress deswegen – es turnt daher trotzdem gerne mit und hat Spaß an Bewegung. Dafür liest es 3 Bücher pro Woche, weiß genau wie ein Verbrennungsmotor funktioniert und obwohl Feinmotorik eigentlich nicht so seins ist, klappt es beim Legotechnik eigentlich super (Motivation sei Dank). Zum Beispiel.
Im Gegensatz dazu gibt es im Großen und Ganzen gut entwickelte Kinder, die aber dennoch sehr traurig sind, dass sie ein bisserl zu patschert sind um mit Freunden Fußball spielen zu können, sich furchtbar ärgern, weil sie das Schreiben so anstrengend finden, oder emotional total unausgeglichen sind, weil sie im Kindergarten oder am Spielplatz rasch reizüberflutet und überfordert sind. Oder das Kind leidet still – zieht sich zurück, hindert sich selbst an Erfahrungen und ist blockiert.
Letztendlich kann es also sein, dass letzteres Kind, das von außen betrachtet eigentlich funktionell „besser“ ist, die Ergotherapie dringender braucht als ersteres Kind. Denn am Ende des Tages geht es in der Ergotherapie nicht in erster Linie darum, Defizite festzustellen und zu therapieren, sondern darum, Leidensdruck vom Kind zu nehmen und es darin zu unterstützen, Freude an seinem Alltag zu finden und am Spielen und Lernen in seiner Umgebung möglichst unbeschwert teilnehmen zu können.

2. Leidet das Umfeld des Kindes?
Es gibt Fälle, da steht das Leiden des Kindes (zumindest nicht offensichtlich) im Vordergrund – dem Kind ist es vielleicht wurscht, dass es mit 5 Jahren noch keinen Knopf schließen oder die Schuhe selber anziehen kann, aber die Eltern und PädagogInnen schnaufen unter der Mehrbelastung. Das Kind hat unter Umständen keine Lust zu zeichnen und findet Stifte einfach blöd, sein Umfeld macht sich aber Sorgen wie dieses Kind dann in der Schule schreiben erlernen soll. Das Kind findet es vielleicht lustig, in der Schule aufzuspringen, rumzurennen und seinem Vordermann das Federpenal auf den Kopf zu werfen – die Lehrperson und die MitschülerInnen finden das aber wahrscheinlich nicht so witzig.
Und auch wenn das Kind unter seinem Verhalten oder „Nicht-Können“ nicht zu leiden scheint – häufig leidet es dennoch, drückt dies aber nicht auf den ersten Blick erkennbar aus. Oder es leidet unter den direkten Auswirkungen: es spielt den Kasperl um zu überspielen, dass es eigentlich noch sehr unselbstständig ist, ist irritiert, dass es dauernd zum Malen angehalten wird obwohl es das partout nicht machen will, oder ist genervt, weil es permanent ermahnt und geschimpft wird. Und damit sind wir dann eigentlich wieder bei Frage 1.

3. Ist zu erwarten, dass das Kind oder sein Umfeld in Zukunft leiden wird?
Manchmal kommt ein Kind zur Begutachtung mit einer etwas unklaren Fragestellung – das Kind sowie Eltern berichten von keinerlei Problemen im Alltag oder sind der Meinung es wäre „eh alles normal“ und sie seien nur hier, weil es eine außenstehende Person empfohlen hat.
In der Diagnostiksituation sind dann aber doch objektiv Schwächen festzustellen, die bei uns ErgotherapeutInnen die Alarmglocken schrillen lassen. Ein blitzgescheites Kind, das im Jahr vor der Einschulung noch nicht weiß, ob die rechte oder linke Hand die Schreibhand ist? Ein herziger 4-Jähriger, der aber nur in der Ecke sitzt und sich nicht zu beschäftigen weiß? Die kreative 10-Jährige, die sich nicht auf 2 Dinge gleichzeitig konzentrieren kann? Der verbal sehr gut entwickelte Knirps, der sogar stolpert, wenn eigentlich gar nichts zu stolpern da ist?
Hier obliegt es uns ErgotherapeutInnen abzuwägen, inwiefern dies Dinge sind, die man durchaus unter „ist halt nicht so sein Ding“ abhaken und so hinnehmen kann, oder ob sie vielleicht bisher den Alltag des Kindes nicht beeinträchtigt haben, aber erfahrungsgemäß mit ansteigendem Alter und Anforderungen ziemlich sicher noch zu Problemen führen werden.
Tatsächlich stimmt der Satz: „Das wächst sich noch aus“ in vielen Fällen nämlich nicht. Die Frage ist eher: wie schätze ich die Gesamtsituation ein? Wirken dieses Kind und die Eltern robust und stärkenfokussiert genug, um geringfügige Schwächen gut ausgleichen zu können? Oder wird hier doch eine etwas gröbere Problematik verdrängt?
Den umgekehrten Fall gibt es natürlich genauso: manchen Eltern muss man direkt ausreden, dass ihr Kind Therapie braucht. Natürlich wünschen sich alle Mütter und Väter für ihre Kinder, dass sie möglichst leicht durch`s Leben kommen, sie mühelos alles meistern und in jedem Bereich gleich gut entwickelt sind. Was selbstverständlich unrealistisch ist. Nicht jede Schwäche ist ein Grund für Ergotherapie, vor allem wenn – siehe oben – kein Leidensdruck vorhanden oder in Zukunft zu erwarten ist. Nicht jedes Kind, das beim 4. Geburtstag noch kein Kreuz zeichnen kann, nicht gekrabbelt ist oder nicht auf den Zehenspitzen gehen kann, muss deswegen gleich therapiert werden. Es zählt das Gesamtbild, das aus vielen Mosaiksteinchen besteht. Fehlen davon zuviele oder ein paar wichtige an der falschen Stelle, wird ziemlich sicher auch ein gewisser Leidensdruck im Alltag da sein. Wenn nicht, so darf man ruhig auch beim eigenen Kind einen gewissen „Mut zur Lücke“ beweisen und Vertrauen in seine Entwicklung haben.

Ist eine oder mehrere der obigen Fragen mit „ja“ zu beantworten, muss ich selbstverständlich in meiner diagnostischen Abklärung feststellen, ob beim Kind Themen vorliegen, die ich in meinem ergotherapeutischen Setting überhaupt bearbeiten kann. Sprich: wird ein Kind von den Angeboten der Ergotherapie profitieren, oder ist es eventuell woanders besser aufgehoben? In letzterem Fall werden wir entsprechend eine Empfehlung aussprechen.
Die Erfahrung spielt hier natürlich eine Rolle. Ganz ehrlich: bei manchen Kindern weiß ich schon in dem Moment, in dem sie zur Tür hereinkommen, dass sie hier richtig sind (auch wenn ich natürlich noch keine Details kenne). Andere sind eher knifflig – in den Diagnostikeinheiten finde ich nichts sehr Aussagekräftiges, ich teile das Kind eigentlich nur wegen der Berichte über die Alltagsprobleme ein – und vier, fünf Einheiten später bricht die unauffällige Fassade des Kindes und die eigentlich zugrundeliegende Thematik kommt immer mehr zum Vorschein.
In der Ergotherapie selbst spielt sich das Geschehen vorwiegend auf der Handlungsebene ab: sich bewegen, spüren, experimentieren, etwas (er)schaffen, Tätigkeiten planen, sich strukturieren, sich als wirksam und als erfolgreich erleben. Im geschützten und genau durchdachten Rahmen wird dem Kind so ermöglicht, Fertigkeiten zu trainieren bzw. weiter auszubauen. Und auch wenn Schwierigkeiten dadurch nicht wie von Zauberhand weggewischt werden (denn das können selbst wir ErgotherapeutInnen nicht) – das Kind wird gestärkt und selbstbewusster in seinen Alltag hinausgehen, denn es hat in der Ergotherapie gelernt Herausforderungen anzunehmen und daran zu wachsen.

„Die spielen doch nur?!“ – Was das therapeutische Spiel vom normalen Spiel unterscheidet

Therapeutisches Spiel mit Kindern

Nehmen wir mal an ihr kommt montags in eine therapeutische Praxis und beobachtet eine Physiotherapeutin, wie sie einem Kind, das auf einer großen Plattformschaukel sitzt, ein Sandsäckchen zuwirft.
Dienstags seid ihr wieder da, dieses Mal seht ihr einen Logopäden – Kind ist wieder auf derselben Schaukel, dasselbe Säckchen ist in Verwendung.
Am Mittwoch schaut ihr in dem Moment in den Raum hinein, in dem die Psychologin dem Kind auf der Schaukel ein Säckchen zuwirft.
Donnerstags dasselbe Bild, nur mit dem Psychotherapeuten.
Am Freitag wundert ihr euch schon gar nicht mehr, als ihr die Ergotherapeutin seht, wie sie mit dem Kind auf der Schaukel mit Säckchen spielt.

Naheliegend, dass euch folgende Gedanken kommen: „Die machen ja alle dasselbe!“ oder „Die spielen doch nur?!“

Was steckt also dahinter?

Gehen wir mal davon aus, dass es sich montags bis freitags um dasselbe Kind handelt (armes Kind!). Nennen wir das Kind Greta. Greta ist 5 Jahre alt.

Machen nun tatsächlich alle 5 TherapeutInnen dasselbe mit Greta? Nach außen hin scheint das so zu sein, da jedes Mal die gleichen Therapiemittel dazu verwendet werden – nämlich Schaukel und Säckchen.

Das Spannende an unseren therapeutischen Berufen ist allerdings, dass es nicht so sehr relevant ist, WAS wir in der Therapiestunde benutzen – sondern was wir uns dabei DENKEN.

So benutzt zum Beispiel die Physiotherapeutin die Schaukel, weil Greta eine sehr schwache Rumpfmuskulatur hat – durch das Schaukeln wird diese aktiviert, und beim Fangen des Säckchens werden Gretas Gleichgewichtsreaktionen zusätzlich herausgefordert – sie muss sich beispielsweise auf der Schaukel nach oben strecken oder zur Seite lehnen, um das Säckchen zu erreichen. So kann die Physiotherapeutin auch ganz gezielt bestimmte Muskelgruppen trainieren, in dem sie das Säckchen sehr bewusst platziert.

Der Logopäde hingegen benutzt die Schaukel, da Greta leicht sprachentwicklungsverzögert ist. Was, wie? Ja, richtig gelesen: Schaukeln regt nämlich bei vielen Kindern die Sprachproduktion an – der Logopäde nutzt also diesen sensorischen Input, um währenddessen mit Greta Lieder zu singen, bei jedem Mal Fangen des Säckchens einen Laut zu wiederholen und die Mundbewegungen dabei im gegenüber stehenden großen Spiegel zu beobachten.

Mittwochs ist die Psychologin dran – sie lässt Greta auf der Schaukel sitzen, da diese schlicht und einfach mehr Spaß macht als bei Tisch zu sitzen, was Greta für längere Zeit noch schwer fällt. Greta hat Schwierigkeiten damit, Mengen zu erfassen und zu zählen – die Psychologin nutzt also mit Würfelaugen und Zahlen bedruckte Säckchen, um mit Greta zu üben.

Der Psychotherapeut hilft Greta dabei, sich besser zu fühlen – sie leidet nämlich unter ihren Defiziten, die ihr vor allem im Kindergarten im Vergleich mit ihren SpielgefährtInnen auffallen. Sie zeigt deutliche Ängste und Stressreaktionen. Auf der Schaukel lässt der Psychotherapeut Greta eventuell auf eine innere Reise gehen – auf einem fliegenden Teppich fliegt sie beispielsweise von einer Insel zur nächsten, und darf sich überall eine Superkraft (= Säckchen) mitnehmen, und wird dabei stärker und stärker.

Greta hat nun also bereits 4 Therapiestunden hinter sich, in denen irgendwie alle das Gleiche, aber dennoch überhaupt nicht dasselbe mit ihr gemacht haben. Und nun kommen wir zu meinem Metier, der Ergotherapie. Mir würden jetzt gleich ganz viele unterschiedliche Gründe einfallen, warum ErgotherapeutInnen Kindern auf der Schaukel Säckchen zuwerfen. Aber ich picke in Gretas Fall einfach mal eine Möglichkeit heraus:
Greta malt nicht gerne. Die Ergotherapeutin hat herausgefunden, dass Greta sich erstens schwer damit tut, den Stift entspannt zu halten, da sie (siehe oben) so eine schwache Rumpfmuskulatur hat, wodurch sich die Hand verkrampft. Zweitens scheint sich Greta noch nicht für eine fixe Schreibhand entschieden zu haben.
Die Ergotherapeutin nutzt die Schaukel und die Säckchen also, um einerseits mehr Körperspannung zu erreichen, und andererseits die Verbindung und Zusammenarbeit der beiden Hirnhälften anzuregen, indem Greta mit den Händen häufig die Körpermitte kreuzt, den Oberkörper rotiert bzw. beidhändig an einem Seil zieht, um in Schwung zu bleiben. Einhändiges Werfen und Fangen oder auch das Benutzen eines Werkzeugs (z.B. einer Zange, um die Säckchen vom Boden aufzuheben) helfen dabei, automatisch und spontan die „stärkere“ Hand mehr und mehr zu benutzen. Und da Greta dabei als Piratin unterwegs ist, die ein Schatzsäckchen nach dem anderen ergattert und an geheimen Stellen im Meer versenkt, ist es wohl selbstverständlich, dass sie dabei auch eine Schatzkarte anfertigt, auf der sie die vielen, vielen viereckigen Schätze einzeichnet und die vielen, vielen Verstecke mit unzähligen Kreuzen markiert. Zeichnen lernen hat noch nie so viel Spaß gemacht – oder nicht? 😉

Warum ich manchmal unkonzentriert bin, mich nicht alleine beschäftigen kann und euch nicht gern im Haushalt helfe – Appell eines Kindes an die Erwachsenen

Kind spielt konzentriert

„Konzentrier` dich mal!“ sagen sie und wundern sich, warum ich so viele Dinge anfange und nicht zu Ende bringe.
Dabei erinnere ich mich noch gut daran, wie sie mich damals selber dauernd unterbrochen haben: wenn ich total im Flow war, weil sich das Joghurt so wunderbar mit den Händen auf der Tischplatte verstreichen ließ, nahmen sie mir den halbleeren Becher trotz lautstarkem Protest weg – eine Frechheit, ich war ja noch mitten dabei! Wenn ich versunken mit meiner Eisenbahn spielte, verstand ich nicht warum ich partout in diesem Moment Jacke und Schuhe anziehen und weggehen sollte. Malte ich eben ein buntes Bild, wurden mir plötzlich wütend die Stifte entrissen, weil die Badezimmertür nicht zum Malen da sei. Hatte ich gerade entdeckt, dass man auf der Mauer im Park balancieren konnte, musste ich schon wieder runter – zu gefährlich! Wie sie sich immer eingemischt haben, wenn ich ein Spiel in ihren Augen „falsch“ gespielt, einen Gegenstand zweckenfremdet, etwas nicht nach Anleitung zusammengebaut habe oder nicht ihren Vorstellungen entsprechend gezeichnet habe. Wenn ich eifrig damit beschäftigt war mich selber anzuziehen, haben sie mir lieber alle Arbeit abgenommen, denn eilig haben sie es eigentlich immer, und aushalten tun sie`s auch nicht, wenn ich das Leiberl verkehrt rum anhabe. Als wenn`s nicht wurscht wär, dafür hab ich`s selber angezogen!

„Warum kannst du nicht auch mal alleine spielen?“ fragen sie und schütteln den Kopf über meine Unselbstständigkeit.
Dabei erinnere ich mich noch gut daran, wie alles begonnen hat: wie gern wäre ich als Baby einfach mal nur auf einer Decke gelegen und hätte mir eine Stunde lang in Ruhe das schöne Licht der Stehlampe angesehen – stattdessen wurde mir ständig mit irgendeiner Rassel vor dem Gesicht herumgewedelt. Wenn ich geweint habe, wurde ich sofort bespaßt – dabei hätte ich vielleicht einfach gern ein bisschen in ihrem Arm geweint, weil alles so aufregend war.
Permanent wollten alle mit mir spielen, weil ich ja so süß war und sie es gar nicht aushielten mich einfach mal in Ruhe zu lassen. Wurde es mir zuviel und ich wendete die Augen ab oder begann zu jammern, wurde mir sofort ein neues Spielzeug in die Hand gedrückt. Klar, hat mir dann schon wieder eine Zeit lang gefallen, es gibt ja so viele interessante Sachen. In Wirklichkeit hätte ich aber dringend ab und zu eine Pause gebraucht!
Starrte ich gemütlich auf die Wand neben mir, wurde ich in die Wippe und vor das Fenster gesetzt, damit ich auch was zu sehen habe – dabei war das Muster der Tapete grad so schön! Ständig schienen sie zu denken, mir wäre langweilig – dabei ist das Leben als Baby alles andere als fad, glaubt mir…
Als ich älter wurde, wurde es immer ärger mit dem  Programm – vom Schwimmkurs zur Spielgruppe, vom Kindergarten zum Playdate, von tollen Bastelarbeiten mit Mama zu Ausflügen in den Zoo, dauernd was los. Das kann ganz schön anstrengend sein, ich sag`s euch. Aber natürlich gewöhnt man sich dran. Und irgendwann wundern sie sich dann, warum mir schnell langweilig wird und ich dauernd unterhalten werden will.

„Warum hilfst du nie im Haushalt?!“ fragen sie und scheinen ganz vergessen zu haben, dass sie selbst früher nie wollten, dass ich ihnen helfe. Egal ob ich bei der Wäsche geholfen habe, indem ich die sauberen Socken wieder in die Waschmaschine gestopft habe, die noch nassen Hosen vom Kleiderständer zurück in den Wäschekorb geworfen oder die Schmutzwäsche zu den sauberen T-Shirts im Kasten gelegt habe – NICHTS hat ihnen gepasst. Egal ob ich in der Küche geholfen habe, indem ich die schmutzigen Löffel in die Besteckschublade gesteckt, das saubere Geschirr in den Geschirrspüler gestellt oder die Vorratsdosen geleert habe um damit zu kochen – NICHTS durfte ich!
Ganz ehrlich: wen wundert`s, dass ich irgendwann gar nicht mehr helfen wollte.

Klar, ich kann schon verstehen, dass ihr Leben bzw. euer Leben nicht immer einfach ist. Dass ihr mal dringend weg müsst und keine Zeit habt für meine Spompernadeln. Dass auch Mama und Papa nicht immer geduldig sind. Dass ihr mich schützen müsst, weil ich selbst es noch nicht besser weiß. Dass manche Dinge sein müssen, auch wenn ihr selbst genausowenig begeistert davon seid wie ich. Und dass – ja, ich geb`s ja zu – ich`s euch auch nicht immer ganz leicht mache, weil ich manchmal einfach eine Nervensäge sein kann.

Das ist auch alles gar nicht so schlimm – wenn ihr mir dafür in den vielen anderen Momenten das Gefühl gebt, dass ich auch einfach mal mein Ding machen kann. Wenn ihr mir Zeit lasst. Wenn ihr mir die Chance gebt, mich auszuprobieren. Wenn ihr mir die Möglichkeit lasst, selber die Welt zu entdecken, in meinem Tempo und mit meinem mir ganz eigenen Fokus.
Ich verbringe sehr gern meine Zeit mit euch, wirklich – es ist toll mit euch zu spielen, zu kochen, zu basteln, Ausflüge zu machen. Aber ganz ehrlich: manchmal müsst ihr mich auch einfach mal in Ruhe lassen. Mich einfach MACHEN lassen. Mich einfach SEIN lassen.

Loben oder nicht loben, das ist hier die Frage!

Dürfen wir unsere Kinder noch loben?Kann man Kinder zuviel loben?Kinder loben - ja oder nein?Dürfen wir unsere überhaupt Kinder noch loben?

Sowohl als Ergotherapeutin als auch als junge Mutter klicke ich im Allgemeinen sehr interessiert auf Blog- und Zeitungsartikel zu kindbezogenen Themen wie Erziehung, Kindesentwicklung und Beziehungstheorien.

Mit der Zeit kann sich dabei aber durchaus eine gewisse Konfusion breit machen. Denn wird auf der einen Seite betont wie wichtig wertschätzende Kommunikation und Lob für die Kindesentwicklung sei, wird andernorts kritisiert, dass zu inflationär gelobt werde, was die Kinder „süchtig“ nach Lob mache und sie manipuliere. Nicht zu loben sondern neutral-beschreibend zu kommentieren ist auf diversen Mütterblogs und -foren derzeit offenbar der Trend der Stunde.
Dann wieder finden sich begeisterte Artikel darüber, wie akkurat strukturierte Belohnungssysteme den Alltag mit Kindern erleichtern und bei jedweder Tätigkeit in Haushalt oder für die Schule um Smileys, Sticker oder Punkte verhandelt wird.

Was mir vermehrt auffällt: mir sind viele dieser Artikel zu einseitig und sie gehen zu wenig flexibel auf die unterschiedlichen Realitäten ein, in denen wir nun mal leben. Daher fühle ich mich nun dazu bemüßigt, meine Erfahrungen diesbezüglich mit euch zu teilen – nach fast 15 Jahren als Ergotherapeutin habe ich schon sehr viele Kinder und ihre Familien kennengelernt. Und nach der Geburt unseres Sohnes vor 1 1/2 Jahren kann ich nun auch als Mutter sprechen – und soviel muss ich zugeben: als Mutter ist schon einiges anders als als Therapeutin, und es ist ziemlich spannend für mich, nun beide Seiten zu kennen und mich hier irgendwo durchzumäandern…

Darf ich noch loben?

Ich finde es eigentlich schade, dass viele Kommentare und Artikel im Netz momentan darauf abzielen, Eltern davor zu warnen „zuviel“ zu loben. Meine Erfahrung aus dem therapeutischen Bereich zeigt nämlich, dass Kinder bei uns tendenziell immer noch mehr geschimpft, getadelt oder kritisiert werden anstatt gelobt.
Das mag nun am Klientel liegen, da ich natürlich oft mit Kindern konfrontiert bin, die eher „schwierig“ im Verhalten sind. Und dies bei Eltern und PädagogInnen zu entsprechendem Feedback führt, wodurch sich ganz leicht eine Negativspirale ergibt, aus der auszusteigen gar nicht so einfach ist.
Loben und Anerkennung zeigen ist in diesem Fall etwas, was vor allem Eltern manches Mal erst wieder lernen müssen. Denn oftmals fällt es ihnen wirklich schwer überhaupt noch etwas Positives zu finden. Da sie zunächst das Bild vom „funktionierenden Kind“, das sie im Kopf haben, über den Haufen werfen müssen, um ihr reales Kind wahrhaftig zu sehen.
Denn häufig wird die Messlatte einfach zu hoch angelegt. Was heißt: vieles, was Erwachsene bei Kindern als selbstverständlich erachten (und daher als nicht lobenswert gesehen wird), ist für manche Kinder gar nicht selbstverständlich.
Denn für das hyperaktive Kind ist es tatsächlich eine Leistung, während dem Essen nicht dreimal aufzuspringen, sondern nur einmal.
Für das Kind mit niedriger Frustrationstoleranz ist es eine Leistung, erst beim zweiten Scheitern eines Bauprojekts die Bauklötze schreiend in  die Ecke zu schmeißen.
Für das Kind mit Konzentrationsproblemen ist es eine Leistung, wenn es sich mal ruhig für 15 Minuten mit einem Spielzeug beschäftigt.
Für die zwei Streithanseln im Kinderzimmer ist es eine Leistung, wenn sie sich mal einen halben Tag lang nicht die Haare kriegen.
Für das ungeschickte Kind ist es eine Leistung, anstatt sich in 5 Minuten fix und fertig anzuziehen, in derselben Zeit einen einsamen Socken auf das bockige Füßchen zu bugsieren – selbstverständlich ganz verwurschelt und verkehrt rum.
Für das Kind, das ständig in Opposition ist und partout immer genau das Gegenteil dessen macht was von ihm verlangt wurde, ist es eine Leistung, auf die Aufforderung herzukommen vier Schritte auf mich zuzugehen, bevor es doch umdreht und davonrennt.

Kaum würde es aber den Eltern einfallen, diese Verhaltensweisen zu loben. Weil sie die Leistung ihrer Kinder dahinter nicht erkennen. Da sie von einer allgemeingültigen „Norm“ ausgehen – und nicht von der intraindividuellen Norm ihres Kindes.

Um das Thema des Lobens differenziert beurteilen zu können, muss man sich also jedes Kind individuell ansehen – und seine eigenen Ansichten von „normal“ und „nicht normal“ hinterfragen.
In obigen Beispielen würde ich den Eltern vom hyperaktiven Kind z.B. empfehlen, es nicht für`s Aufspringen zu tadeln, sondern dafür zu loben, dass es so lange geschafft hat sitzen zu bleiben und heute nur ein einziges Mal aufgesprungen ist.
„Wow, ich bin so stolz auf dich, weil du es ein zweites Mal versucht hast!“ würde ich dem kleinen Wüterich aus Beispiel Nr. 2 sagen.
Dem unkonzentrierten Kind, das plötzlich ganz versunken und selbstständig spielt, gibt man einen Kuss und teilt ihm kurz mit, wie schön es ist, dass es sich so ein tolles Spiel ausgedacht hat.
Den Geschwistern, die so oft aneinander krachen, gibt man abends einen kleinen Applaus, weil sie sich NICHT gegenseitig an den Haaren gerissen haben.
Dem patscherten Schussel zollt man Bewunderung dafür, dass er sich so fleißig mit dem Socken abgemüht hat, und zieht ihn richtig herum an.
Und Mr. Unkooperativ hat ein Lob verdient, sobald er auch nur ansatzweise einen Schritt in die richtige Richtung macht.

Klingt paradox? Alles eine Frage der Perspektive 😉

Denn selbstverständlich gibt es Situationen, in denen es völlig absurd wäre, Kinder für oben genannte Verhaltensweisen zu loben. Denn für viele Kinder ist es (zumindest ab einem bestimmten Alter) ja tatsächlich normal, beim Essen sitzen zu bleiben, nicht aus Wut das ganze Zimmer zu zerlegen, sich allein in eine Beschäftigung zu vertiefen, dem Geschwisterchen keine Glatze zu verpassen, sich anzuziehen oder mehr oder weniger gern Aufforderungen nachzukommen.
DIESE Kinder ständig dafür zu loben, würde also wirklich als inflationäres Lob durchgehen (Stichwort: „Wos woa mei Leistung??“). Und permanent gelobt zu werden, egal wofür, kann unter Umständen sogar dazu führen, dass sie später in ein tiefes Loch fallen, weil sie spätestens als Erwachsene feststellen dass doch nicht jeder von ihnen produzierte Pups gefeiert wird und ihnen nicht für jeden noch so kleinen Handgriff Rosen gestreut werden.

Lob sollte also auf das einzelne Kind abgestimmt sein. Ein Kind ständig für etwas zu loben, dass für es selbst ganz normal und selbstverständlich ist, kann tatsächlich kontraproduktiv sein – und ich kann mir gut vorstellen, dass dadurch eine Dynamik entsteht, durch die gewisse Kinder manches überhaupt nur mehr tun, wenn sie dafür gelobt oder belohnt werden. Bzw. sehr leicht verunsichert werden, wenn das Lob einmal ausbleibt.
Ich muss mich also als Mutter eines begeisterten Viel-Zeichners nicht bei jedem Strich auf dem Papier vor überschwänglichem Lob überschlagen. Als Mutter eines unwilligen Wenig-Zeichners macht es aber unter Umständen Sinn, auch dem in 10 Sekunden hingefetzten Strichmaxerl gebührende Anerkennung zu zollen.

Und ja, ich bekenne mich dazu, dass diese Art von bewusst eingesetztem Lob Einfluss nimmt auf das Kind – manche mögen das vielleicht als manipulativ bezeichnen. Doch ich stehe zu der Meinung, dass nicht jede Art von Manipulation schlecht ist.
Nämlich wenn sie dazu führt, dass Negativspiralen oder eingefahrene Verhaltensmuster durchbrochen werden, und einst negativ besetzte Tätigkeiten wieder positiver wahrgenommen werden.
So gesehen agiere ich in der Ergotherapie sehr häufig „manipulativ“: kommt z.B. ein Kind zu mir in die Ergotherapie, das das Schreiben in der Schule verweigert, hat es meist die Erfahrung gemacht, dass es einerseits Schreiben überhaupt nicht mag, und andererseits zusätzlich noch ständig Streit mit den Eltern oder Stress mit der Lehrerin deswegen hat. Es gibt also bei allen Beteiligten nur negative Assoziationen zum Thema Schreiben.

Daher biete ich diesem Kind viele motivierende Aktivitäten an, in denen sich irgendwo fein- und graphomotorische Aufgaben verstecken. Plötzlich nimmt das Kind dann doch mal von sich aus einen Stift in die Hand (wofür es natürlich entsprechend gelobt wird). Irgendwann ist es dann auch bereit, sich für funktionelle Schreibübungen an den Tisch zu setzen, eventuell auch unterstützt durch ein Belohnungssystem wie einen Punkteplan.
Und so werden langsam alte Assoziationen gelöscht und das Schreiben mit positiven Erlebnissen verknüpft.
Ich möchte nicht behaupten, dass jedes Kind, das zum Graphomotoriktraining in die Ergotherapie kommt, zum passionierten Kalligraphen wird – manchen wird das Schreiben immer schwer fallen, sowohl motorisch als auch von der Motivation her. Aber sie lernen damit umzugehen und nicht über jeder Schreibaufgabe zu verweifeln und sich in stundenlangen Diskussionen darüber zu ergehen ob diese Tortur denn nun notwendig ist.

Wird ernstgemeintes, häufiges Loben oder auch ein vorübergehendes Belohungssystem in solchen Fällen gezielt eingesetzt, kann wirklich viel erreicht werden.
Es ist immer wieder schön zu beobachten, wenn Sätze wie „Das kann ich nicht“ nach einer Weile durch „Nicht helfen! Ich mach das alleine!“ ersetzt werden. Und ein Kind, das anfangs auf ganzer Ebene nur Unwillen ausgestrahlt hat, plötzlich der Ehrgeiz und die Freude am Tun packt.

Dennoch beobachte ich manches Mal mit Bauchschmerzen, dass Methoden, die ursprünglich aus dem therapeutischen oder pädagogischen Setting kommen und dort auch total Sinn machen, recht unreflektiert einfach in den normalen Alltag mit Kindern übernommen werden. Und dann so Dinge dabei herauskommen wie dass in Artikeln Belohnungspläne quasi für jede Familie als essentiell dargestellt werden. Obwohl die meisten Kinder solche externen Motivationsstrategien gar nicht brauchen und dadurch eher Abhängigkeiten von Belohnungen entstehen, die einem letztendlich irgendwann dann auf den Kopf fallen, wenn`s nicht mehr für jeden erledigten Task ein Zuckerl vom Chef gibt.
Oder permanent betont wird, wie wichtig es ist, beim Loben dazuzusagen, was genau und warum man es so toll findet. Und Eltern teilweise so verunsichert werden, dass sie jedes Mal zunächst 2 Minuten über den pädagogisch wertvollsten Wortlaut ihres Lobs nachdenken, bevor sie es hölzern aussprechen.
Oder Eltern sich ein Lob überhaupt verkneifen, weil derzeit neutrales Kommentieren à la „Oh du hast einen Turm gebaut“ propagiert wird. Dass es ihrem eigenen Naturell und ihrer momentanen Stimmung viel mehr entsprechen würde „Yeah, was für ein geiler Turm, du kleines Genie, du!“ zu brüllen, wird dabei außer Acht gelassen.
Beim nächsten Turm denken sie vielleicht: „Geh bitte, warum zeigt er den popeligen Turm her, letzte Woche hat er einen doppelt so hohen gebaut!“, zwingen sich aber ein: „Wow, was für ein toller Turm!“ ab, weil sie inzwischen einen anderen Artikel darüber gelesen haben, wie wichtig Loben für die Entwicklung des Selbstvertrauens sei. Dabei hätte ihnen in diesem Fall das „Oh du hast einen Turm gebaut“ tatächlich besser zu Gesicht gestanden.

Mein Rat als Therapeutin, aber auch als Mutter, ist – sehr salopp ausgedrückt: Tut euch nicht soviel an. Denn: allein der Umstand, dass ihr einen Artikel wie diesen hier lest, beweist, dass ihr offenbar zu der Art interessierter Eltern gehört, die ihr Verhalten und ihre Kommunikationsmuster ohnehin reflektieren. Glaubt mir: ihr braucht kein kompliziertes Coaching in Sachen Loben. Diejenigen, die das bräuchten, lesen leider blöderweise solche Artikel erst gar nicht.
Ihr hingegen müsst nicht denken, dass ihr als Eltern in jeder Situation perfekt und pädagogisch-wertvoll agieren müsst. Es reicht, wenn ihr einfach authentisch bleibt. Will heißen:

  • Bitte lobt einfach, wenn euch danach ist. So wie es eurer Emotion entspricht und wie euch der Mund gewachsen ist.
  • Wenn euch auffallend häufig nicht nach Loben ist und ihr in der „Ich schimpf nur noch“-Rolle feststeckt, hinterfragt, warum das so ist. Vielleicht überseht ihr etwas Lobenswertes? Vielleicht brauchen eure Normwerte quasi eine Neukalibrierung?
  • Ist euch tatsächlich nicht nach Loben, dann tut es nicht.

Ich bin sehr gespannt auf eure Meinung zu dem Thema! Wie haltet ihr es mit dem Loben?

Kein Geld? Kein Grund für Langeweile! 4 Ideen für DIY-Spielzeug

Formenboxen aus JoghurtbechernLillydoo Windelschachteln pimpen!Mobile selber machenDIY Baby-Spielzeug: Upcycling aus Stoffresten!

Mir fallen zuhause ja immer mal wieder Dinge in die Hände, die ich dann meist in recht spontanen Eingebungen – beseelt vom Upcycling-Gedanken – kurzerhand in Spielzeug umwandle – wie ich euch hier am Blog schon anhand meiner Chipsdosen-Kugelbahn bewiesen habe.
Unser Sohn ist gerade 1 1/2 Jahre alt, und hat daher großartigerweise noch keine ästhetischen Ansprüche an die Optik seiner Spielsachen – wenn wir unseren Kindern in diesem Alter etwas kaufen oder basteln, sollten wir uns also immer wieder daran erinnern, dass wir sehr vieles davon in Wirklichkeit nur dewegen kaufen und aufwändig dekorieren, damit es UNSEREN Ansprüchen genügt.

Ist der Gedanke nicht herrlich entspannend? Das bedeutet nämlich, dass wir weder viel Geld für supertolles Spielzeug ausgeben noch von der Genialität geküsste BastelperfektionistInnen sein müssen. Den Kleinen wird`s nämlich wurscht sein, wenn der Karton dilettantisch zusammengetackert, das Malerkreppband verwurschelt und die aufgeklebten Stoffbahnen schief sind. Mein Sohn ist das beste Beispiel: dem hat das Häuschen (siehe unten) schon getaugt, da hatte ich die Heißklebepistole noch nicht einmal ausgepackt – sprich: selbst die schnellschnell zusammengeschusterte Verzierung war eigentlich nur für mich, weil`s mir halt selber Freude gemacht hat das Ding etwas bunter zu gestalten.

Genießen wir also die Zeit, in der für unsere Kinder nur die Funktion bzw. der Spaßfaktor zählt. Sie kommen eh noch früh genug in das Alter, ab dem sie dann genaue Vorstellungen haben wie etwas auszusehen hat, und eben dieses vehement einfordern.

Bis dahin hab ich ein paar einfache Vorschläge für euch – erprobt am eigenen Kind, das diese DIY-Spielsachen sehr intensiv nutzt (oder genutzt hat):

Upcycling aus großen Pappkartons

Pappkarton DIY Zero Waste SpielzeugDas Häuschen ist bei uns seit vielen Wochen der Renner. Grade groß genug, dass ein Kleinkind sich drin verkriechen kann, aber auch als Kasperltheater und Puppenhaus verwendbar.
Die Rutschkiste ist gestern grad ganz neu bei uns eingezogen (einer großen Lieferung sei Dank) – darin können sowohl Stofftiere transportiert werden, als auch das Kind selbst drin Platz nehmen um sich eine Runde durch die Wohnung kutschieren zu lassen.

Upcycling aus Joghurtbechern

Zero Waste SpielzeugWer sagt, dass man Formenboxen unbedingt kaufen muss? In das runde Loch steckt unser Kleiner Steine, Igelbällchen, Kluppen usw. In den Schlitz kommen flache Magnetbuchstaben und ähnliches. Wird heiß geliebt!

Upcycling aus Strandgut und Kartonresten

Upcycling MobileDas linke Mobile ist letztes Jahr aus Steinen, Stöckchen und Bockerln entstanden, die ich in unserem ersten gemeinsamen Zelturlaub am Strand eingesammelt habe. Das rechte Mobile wurde uns von einer Freundin geschenkt – mit vielen geometrischen Mustern, schwarz/weiß und reflektierender Goldfolie.
Als Baby war der Kleine von diesen Mobiles dermaßen fasziniert, dass ich nicht einmal auf die Idee gekommen wäre, ein anderes Mobile zu kaufen.
Zu dem Strandgutmobile geht er heute noch gerne, um mit den Steinen und Stöckchen zu spielen.

Upcycling aus Stoffresten

DIY Spielzeug aus StoffrestenStoffreste kann man gut zu einem Feinmotoriktuch verarbeiten – als Baby wird es als Knister- und Knibbeltuch verwendet, später um spielerisch das Auf- und Zumachen von Knöpfen zu üben. Ist momentan hier zwar nicht so gefragt, aber sobald den Kleinen Knöpfe zu interessieren anfangen, wird es sicher wieder viel in Verwendung sein.

Welche einfachen, ev. selbstgemachten Spielsachen habt ihr zuhause und könnt ihr empfehlen? Ich freue mich auf eure Ideen!

3 neue Feinmotorik-Ideen mit Knetmasse

 

Knetmasse eignet sich ja ganz wunderbar zum spielerischen Beüben der Handgeschicklichkeit, und eigentlich sind die Möglichkeiten damit schier unbegrenzt. Sollten euch dennoch manchmal die Ideen ausgehen, zeige ich euch heute 3 Spielvarianten, die ich gerne mit Kindern in der Ergotherapie zum  Feinmotoriktraining einsetze.

„Schlüsseldieb“

Ein Schlüsseldieb geht um! Damit wir auch genügend Ersatzschlüssel haben, müssen dringend Schlüssel nachgemacht werden.

Feinmotorik trainieren mit Knetmasse

„Ich operiere!“

Oje, oje, dieser Patient hat leider lauter Kieselsteine gegessen. Zum Glück sind wir kleine Chirurgen und können den armen Kerl  operieren – selbstverständlich sehr vorsichtig, ohne mit der spitzen Pinzette die Haut (=die Knetmasse) zu verletzen.

Feinmotorik trainieren mit Knetmasse

„Goldgräber“

Wir bergen den Gold- und Silberschatz. Da die Münzen leider in Giftschlamm vergraben sind, brauchen wir dazu auch Werkzeug (=Messer und Gabel), damit wir den Giftschlamm nicht mit den Fingern berühren. Einfach so lange kleine Stückchen abschneiden, bis wir die Schätze mit einer stumpfen Pinzette herausziehen können.

Feinmotorik trainieren mit Knetmasse

Easy und schnell: So baust du eine Kugelbahn in nur einer Stunde!

Anleitung: Kugelbahn aus Chipsdose basteln

Heute war einer dieser seltenen Tage, an denen mich das 14-monatige Knäuel neben mir ihm Bett damit beschenkt hat, einfach mal so bis halb zehn weiterzurüsseln – und was macht man als Ergotherapeutin und Mama mit der so unverhofft gewonnenen Zeit?
Genau, man überlegt sich ab sieben Uhr früh, wie man aus einer Chipsdose, einem Kleiderbügel und einer leeren Küchenrolle eine Kugelbahn für das kleine Energiebündel bastelt, und setzt das Projekt mit Heißklebepistole, Zange und Stanleymesser bewaffnet gleich um.

Zur Nachahmung empfohlen, denn watscheneinfach und je nach Ausmaß eures Dekobedürfnisses und eures Wunsches nach Perfektion in 1-2 Stunden fertig:

1. Den Boden von der Chipsdose schneiden.
2. Chipsdose halbieren.
3. Nach belieben dekorieren.
4. Den Kleiderbügel zurechtbiegen – überall, wo die Kugelbahn später aufliegen soll, kleine Mulden nach innen biegen, damit sie nicht nach unten durchrutscht.
5. Den Deckel und Boden der Chipsdose als Standhilfe für das Gerüst verwenden – dafür den Draht mit der Heißklebepistole darauf festkleben.
6. Die Auflageflächen von Kugelbahn und Draht ebenfalls festkleben, die Klebestellen und ev. freiligende Drahtenden mit Filzblumen aufhübschen bzw. sichern.
7. Aus der Küchenrolle eine Barriere gegen das Rausfallen der Kugel und den „Ausgang“ der Kugelbahn bauen.

FERTIG! Und so sieht das Ganze bei uns aus:

Kugelbahn aus Chipsdose basteln

 

Warum Schaukeln die Konzentration deines Kindes fördert

Hängematte in der Ergotherapie

 

Wer schon mal in einen Ergotherapieraum für Kinder geschaut hat, der weiß: wir ErgotherapeutInnen stehen auf Schaukeln.
Die große Plattformschaukel wird zum Segelschiff und fordert die Balancefähigkeiten des kleinen Kapitäns, der sein Boot tapfer durch den Sturm navigiert. Am Bauch liegend in der Hängematte schießt die Astronautin mit ihrer Rakete ins All hinauf und kommt mit kräftigen Rücken- und Nackenmuskeln wieder zurück auf die Erde. Am Trapez hängend schwingt Tarzan über wilde Bäche und braucht eine Menge Bauchmuskeln, um die Beine hoch genug und sich nicht die Zehen von Piranhas anknabbern zu lassen. Es werden Pferde geritten (Reifenschaukel), Motorräder gefahren (Zylinderschaukel) und weiß der Kuckuck was einem noch so alles an einem langen Therapietag einfällt.

Schaukeln sind also eine wunderbare Möglichkeit, wie man verschiedenste sensomotorische Fähigkeiten spielerisch trainieren kann. Wie aber fördert das Schaukeln die Konzentration?

Wie ich vor einiger Zeit schon einmal erklärt habe, ist es manchmal nicht ganz leicht, auf den ersten Blick zu erkennen, was eigentlich im Hirn einer Ergotherapeutin vorgeht – und auch im Falle eines Kindes, das aufgrund einer Konzentrationsschwäche zu mir kommt, erschließt sich den erstaunten Eltern unter Umständen nicht gleich, warum ich häufig Schaukeln in die Therapiestunde einbaue.

Nun, wer sich jetzt eine einfache Erklärung wünscht, wird leider enttäuscht werden – dazu ist das menschliche Gehirn zu komplex. An dieser Stelle verzichte ich aber auf komplizierte neurophysiologische Erläuterungen. Nur soviel sei gesagt: die Aufmerksamkeitssteuerung – sprich das, was landläufig als Konzentration bezeichnet wird – entsteht im selben Hirnareal, in dem auch Gleichgewichtsreize verarbeitet werden. Schaukeln spricht durch die starke Aktivierung des Gleichgewichtsorgans im Innenohr dieses Hirnareal an, wodurch auch die Konzentrationsleistung beeinflusst werden kann – positiv sowie negativ. Sehr wilde, kreiselnde Schaukelspiele können zum Beispiel dazu führen, dass ein Kind konfus wird, sowohl wörtlich als auch im übertragenen Sinne „seine Mitte verliert“ und „überdreht“ ist, und anschließend eine Weile braucht, um wieder runterzukommen und sich wieder fokussieren zu können.
Sehr geradlinige, rhythmische Schaukelbewegungen hingegen, oft in Kombination mit einem klaren Ziel (wie z.B. einen Ball von der Schaukel aus in einen Korb zu werfen), fördern im Allgemeinen die Aufmerksamkeit. Ebenso Aufgaben, bei denen die Balance herausgefordert wird, z.B. wenn auf der wackeligen Schaukel kniend oder stehend Tücher an der Schaukel befestigt werden müssen.

Seid ihr schon mal auf einer Slackline balanciert oder habt es zumindest versucht? Dann wisst ihr, dass das Gleichgewicht zu halten höchste Konzentration erfordert. Das gilt auch umgekehrt: Konzentration funktioniert um vieles besser mit einem guten Gleichgewicht. Drum: lasst eure Kinder schaukeln, kopfüber hängen, schwingen und balancieren – etwas plakativ ausgedrückt: es macht Spaß und gescheit 😉

AD(H)S – Krankheit oder erfundene Modediagnose?

ADHS und ADS - Warum kann sich mein Kind nicht konzentrieren?

Zum Thema AD(H)S kursieren ja viele Artikel im Netz. Besonders gerne auf Facebook geteilt werden Beiträge, in denen die Existenz von AD(H)S angezweifelt, die Gabe von Ritalin angeprangert und wahlweise die Eltern/ das Schulsystem/ die Medien/ die Gesellschaft für die angeblichen Symptome des Kindes verantwortlich gemacht werden.

Höchste Zeit also, dass ich auch noch meinen Senf dazu gebe. Darauf hat die Online-Welt sicher nur gewartet 😉

Meine höchstpersönliche Meinung, gestützt durch meine fast 15-jährige berufliche Erfahrung, ist:

  1. Ja. Es gibt Eltern, deren Erziehungsart, allgemeine Umgangsformen, aber auch einfach Persönlichkeit derart beschaffen sind, dass sie die Entstehung von hyperaktivem, unkonzentriertem und impulsivem Verhalten sowie sozio-emotionalen Schwierigkeiten bei ihrem Kind begünstigen. Diagnose: schwieriges soziales Umfeld.
  2. Ja. Unser Schulsystem ist starr, leistungsorientiert und geht trotz vieler engagierter LehrerInnen oft nicht flexibel genug auf die verschiedenen Bedürfnisse der SchülerInnen ein. Z.B. werden regelmäßig Erstklässler wegen Konzentrationsstörungen & Co. überwiesen, obwohl diese eigentlich völlig normal entwickelt sind – aber eben noch nicht ganz so reif sind wie ihre Klassenkollegen. Die Diagnose lautet in dem Fall: muss halt einfach noch ein bisserl älter werden (meistens betrifft das die Jungs…).
  3. Ja. Übermäßiger Medienkonsum und vor allem der Konsum von ungeeigneten Inhalten lässt Kinder weniger real-life-Erfahrungen machen, führt häufig zu Konfliktsituationen in der Familie und macht süchtig nach schneller Bedürfnisbefriedigung und Belohnung, woraus impulsives Verhalten und leichte Ablenkbarkeit folgen können. Diagnose: zuviel Bildschirm, zuwenig Wald.
  4. Ja. Unsere Gesellschaft hat oft Schwierigkeiten mit Kindern, die nicht angepasst und brav mitmachen, sondern anecken, rebellieren und wild sind. Waren Raufereien unter Schulbuben früher noch ganz normal, wird heute der Psychologe gerufen. Beißt ein 3-Jähriger im Sandkasten andere Kinder, muss sofort etwas unternommen werden, obwohl Beißen in dem Alter eigentlich ziemlich normal ist. Diagnose: Ist halt ein Bub. Aber natürlich gibt es auch Mädels, die wild at heart sind und ihr Temperament ausleben.
  5. Und ja: es gibt AD(H)S.

Mir ist es deswegen ein Bedürfnis, das hier so deutlich zu formulieren, da sich in mir immer alles zusammenzieht, wenn ich all die Kommentare lese, in denen von überforderten Eltern die Rede ist, die ihre Kinder nur ruhigstellen wollen, wo Familien gebasht werden, weil sie völlig falsch miteinander umgingen, und die Müttern und Vätern die Fähigkeit absprechen, zu wissen was gut für ihr Kind ist.
Was für ein Schlag ins Gesicht muss das für die Eltern sein, die TATSÄCHLICH ein AD(H)S-Kind zuhause haben? Wo wir nicht mehr von einem lediglich etwas unkonzentrierten Schussel sprechen, sondern wo das volle Programm zuhause abgeht? Die mit ihrem Kind eine Odyssee auf der Suche nach Hilfe hinter sich haben, hohe Kosten von Therapien auf sich nehmen, alles geben und probieren, und sich irgendwann nicht mehr anders zu helfen wissen, als zu medikamentösen Mitteln zu greifen? Die heilfroh sind, dass es diese Möglichkeit gibt, da sie endlich Zugang zu ihrem Kind finden, bzw. dieses Kind viel zufriedener ist, weil es plötzlich selbst Zugang zu seinem eigenen Potential findet?
Nicht bei jedem AD(H)S-Kind zeigen Medikamente die gewünschte Wirkung, auch das muss dazugesagt werden. Aber bei vielen führt die richtige Gabe vom richtigen Medikament zum richtigen Zeitpunkt dazu, dass das Gehirn endlich in einen Zustand der Ordnung und Ruhe versetzt wird. Das „repariert“ das AD(H)S noch lange nicht. Aber es führt im besten Fall dazu, dass Therapie überhaupt erst möglich wird, dass man endlich zu dem Kind durchdringt, und das Kind plötzlich spürt, was eigentlich in ihm steckt. Es tun sich Möglichkeiten auf. Plötzlich kann das Kind mit anderen spielen, es kann an Schulaktivitäten teilnehmen, es kann verschüttete Fähigkeiten ausgraben. Dabei lernt das Hirn, neue Synapsen werden gebildet, und idealerweise kommt es auf Dauer zu einer „Neukalibrierung“, die es zu einem späteren Zeitpunkt ermöglicht, ein medikamentenfreies Leben zu führen.

Kinder, die unter Punkt 1-4 fallen, aber fälschlicherweise mit AD(H)S diagnostiziert werden, werden – abgesehen davon, dass sie stigmatisiert werden – von Medikamenten nicht profitieren. Auch Kinder, die Punkt 5 zuzuordnen sind, kommen oft ohne zurecht. AD(H)S kommt nämlich in den verschiedensten Abstufungen und Kombinationen vor – bei vielen bin ich sogar geneigt zu sagen, der Übergang von Punkt 4 (Temperament) zu Punkt 5 (ADHS) verläuft fließend. Das heißt, bei vielen AD(H)S-Kindern sehe ich das eigentlich nicht als Krankheit, sondern eher als spezielle Persönlichkeitsstruktur. Menschen mit einer AD(H)S-Struktur ticken ein bisserl anders, die Verschaltungen im Gehirn passieren schneller, sodass der Nicht-AD(H)Sler sie oft nicht nachvollziehen kann, und sie schlagen oft ungewöhnliche Wege ein. Aber sie schaffen dies mit verständnis-, liebevoller und vor allem geduldiger Unterstützung häufig auch ohne Medikamente, deren Nebenwirkungen und der oft mühsamen Findung der richtigen Dosierung oder des passenden Präparates.

In manchen Fällen, die glücklicherweise aber selten sind, ist die AD(H)S-Symptomatik aber derart vorherrschend, dass ein normales Leben kaum mehr möglich ist: das Kind leidet (wobei viele AD(H)S-Kinder nicht wirklich unter ihren eigentlichen Symptomen leiden, da sie die selbst oft gar nicht als schlimm bewerten, sie leiden jedoch unter der Art, wie ihr Umfeld negativ auf sie reagiert), die Familie ist enorm belastet, die Schule macht Stress, die anderen Kinder reagieren abwehrend, keine Therapien schlagen nachhaltig an. Und dann kommt es natürlich auch leicht zu einer negativen Dynamik, und plötzlich kommen die Familien in einen Strudel, wo jeder seine festgefahrene Rolle einnimmt, und zusätzlich zum AD(H)S noch andere erschwerende Faktoren hinzukommen.

Ich breche also hiermit eine Lanze für all die betroffenen Eltern: ihr leistet Unglaubliches, und jeder, der euch einzureden versucht, AD(H)S existiere nicht, hat einfach noch nie ein „echtes“ AD(H)S-Kind kennen gelernt.