Wäscheklammern – oder liebevoll-österreichisch: Klupperl – tauchen eigentlich täglich in meinen Therapieeinheiten auf. Egal ob auf der Schaukel (um die Segel am Piratenschiff zu befestigen), auf der Sprossenwand (wo regelmäßig gefangene Fische, geborgene Schätze oder gesammelte Bildchen aufgehängt werden), als kleine Zange (mit der man z.B. glitschige Springfrösche oder „giftige“ Murmeln über einen Parcours transportieren kann) oder beim Basteln (z.B. als aufgesteckte Strahlen einer Sonne oder Stacheln eines Igels).
In der Ergotherapie sieht es ja oft so aus, als würden wir „einfach nur spielen“. Genauso kann man die Klupperl als etwas sehen, das halt Spaß macht und womit sich wunderbar spielen lässt.
Allerdings überlege ich mir als Ergotherapeutin schon genau, warum ich bei welchem Kind in welcher Situation Wäscheklammern mit ins Therapiespiel einbinde. Ein Kind mit schwacher Muskelspannung trainiert die Fingerkraft. Hat ein Kind Schwierigkeiten mit der adäquaten Stifthaltung und mit der Feinmotorik, wird mithilfe der Kluppe die isolierte Fingerbeweglichkeit und der Spitz- bzw. Schlüsselgriff geübt. Etwas mit einer Wäscheklammer aufzuhängen erfordert die Koordination beider Hände, unterstützt also Kinder mit Schwierigkeiten in der Händigkeitsentwicklung bzw. der Aufeinanderabstimmung der zwei Körperhälften. Benutzt ein Kind regelmäßig zuviel oder zuwenig Kraft, trainiert es anhand von verschieden starken Klammern seine Kraftdosierung. Das Aufstecken einer Wäscheklammer erfordert das genaue Hinsehen, ist also auch etwas für ein Kind, das visuell leicht abgelenkt ist oder Schwierigkeiten hat, mit den Augen zu verfolgen, was seine Hände gerade tun (was man z.B. im Alltag daran merkt, dass ein Kind eventuell beim Schreiben nicht in der Zeile bleibt). Um etwas mit einem Klupperl aufzuhängen, muss ein Kind kognitiv bzw. räumlich-visuell in der Lage sein, das Klupperl und das aufzuhängende Objekt in die richtige Position zu bringen. Ein Kind mit einer Körperwahrnehmungsschwäche muss die Bewegung planen, spüren, ob „es passt“ oder ob es etwas an seinem Bewegungsplan ändern muss, und die taktil-kinästhetischen Informationen der Handlung verarbeiten, um sie idealerweise beim nächsten Mal wieder abrufen zu können.
Je nachdem, worum es mir gerade geht, gestalte ich die Situation dem Kind entsprechend anders – helfe in manchen Bereichen mehr, in manchen weniger, greife an bestimmten Punkten ein oder eben nicht. Und beim nächsten Kind steht dann wieder ein anderer Aspekt im Mittelpunkt – und unter Umständen reagiere ich an bestimmten Stellen im Spiel ganz anders als beim Kind zuvor, „kitzle“ was anderes aus dem Kind heraus, obwohl die Aktivität an sich dieselbe ist.
Tatächlich kann es aber auch mal passieren, dass man die Kluppen „einfach nur so“ gibt, weil sie sich gerade schön in das Spiel einfügen – der therapeutische Fokus aber gerade auf ganz etwas anderem liegt als auf der Wäscheklammer.
Das heißt es ist für Aussenstehende gar nicht so einfach zu erkennen, was in meinem Ergotherapeutinnen-Hirn so vor sich geht, wenn ich einem Kind Wäscheklammern (oder auch sonstige Objekte) in die Hand gebe. Denn wahrscheinlich rattert es da drin grad gewaltig – während es für euch einfach so aussieht, als gäbe ich dem Kind halt eine Wäscheklammer und fertig.
Natürlich müsst ihr als Eltern auch gar nicht so genau wissen, für welche Fähigkeiten und Fertigkeiten ihr die Wäscheklammern einsetzen könnt. Es reicht zu wissen: Wäscheklammern sind eine großartige Sache für eure Kinder 🙂
2 Kommentare zu „Warum Kluppen in keiner Spielzeugkiste fehlen sollten ODER Was geht eigentlich im Hirn einer Ergotherapeutin vor?“